Aufstellungsarbeit

Aufstellungsarbeit bezeichnet ein Verfahren, bei dem das Familiensystem oder auch das Arbeitsumfeldes der Klient*innen durch reale Stellvertreter*innen in einem leeren Raum sichtbar gemacht wird, indem die Personen zunächst nur unter bestimmten Aspekten angeordnet werden.
Das Gesamtsystem wird so symbolisch visualisiert, erkennbar und diskutierbar gemacht.
Die aufstellenden Klient*innen haben meist in einem Vorgespräch die jeweiligen Aufstellungsleiter über die grundlegende Symptomatik ihrer Beschwerden informiert und mit ihnen gemeinsam die relevanten Personen identifiziert.

Der Raum als Bühne für die Stellvertreter

Der Ablauf einer Aufstellungsarbeit ähnelt insofern der Arbeit auf einer Bühne mit dem Unterschied, dass keine spontanen Aktionen ausgefügrt werden, sondern sehr langsam und vorsichtig,  oft nur durch minimale Veränderungen emotionale Zustände bei den „Repräsentanten“  hervorgerufen werden, die immer wieder abgefragt werden.
Wie unter einem Vergrösserungsglas werden die Abläufe innerhalb des derart nachgestellten Systems sehr klar und deutlich  herausgearbeitet. Es handelt sich bei den Aufstellungen aber nicht um Rollenspiele, bei denen die Akteure relativ autonom handeln.
Stattdessen wird durch die kleinen Schritte eine verschärfte Wahrnehmung auch kleinster emotionaler Veränderungen und Verschiebungen möglich gemacht, die als Grundlage für die Arbeit an möglichen Lösungen für das aufgestellte System dienen.

Systemische Komponente

Auf Grund der dazu in Beziehung gesetzten Wahrnehmungsposition gewisse Muster innerhalb jenes Systems erkennen zu können. Das Familienstellen gründet auf der Vermutung, dass innerlich-grundlegende Beziehungen auch innerlich räumlich abgespeichert wirken – je nach Ausprägung funktional bis dysfunktional.

Ablauf

Familien- oder auch Firmenaufstellungen findet meist in Gruppen von zehn bis zwanzig Personen statt. Jemand, der eine persönliche Thematik lösen möchte, meldet sich, um für sich eine Aufstellung durchführen zu lassen. Der Aufstellungsleiter befragt diesen Klienten zu seiner Situation, zu seinem System (Gegenwarts- und/oder Herkunftssystem) und zu seinem Anliegen. Diese Befragung findet am besten ca 1 Woche vor dem eigentlichen Aufstellungstermin statt. Dies ermöglicht der/m Aufstellenden noch Informationen einzuholen, die für den Aufstellungstag wichtig sein könnten. Dies können bei Familienaufstellungen zum Beispiel Verwandte sein, die aus irgendwelchen Gründen nie persönlich erlebt wurden, oder die innerhlab der Familiengeschichte verschwiegen wurden.

Für die Familienmitglieder, welche als wesentlich zum Anliegen des Klienten vermutet werden, werden dann aus der anwesenden Seminargruppe Stellvertreter ausgewählt, die zueinander in Beziehung positioniert werden. Auch für die Klienten selbst gibt es Stellvertreter*innen, die für deren eigenes Ich oder auch für unterschiedliche Persönlichkeitsanteile stehen.

Ein Standbild als Beginn der Reise

Mittels des intuitiven Positionierens der Stellvertreter*innen entsteht ein theatrales Ensemble, das das innere Bild repräsentiert und die Verhältnisse und Beziehungen der aufgestellten Anteile deutlich in den „Bühnenraum“ bringt. Dieses wird auch als Erst- oder Ausgangsbild bezeichnet.

Sowohl die Blickrichtungen als auch die Abstände der einzelnen Stellvertreter*innen voneinander sind schon bei der Grundaufstellung von Bedeutung. Wenn das aufgestellte Bild dem inneren Bild des/der Klient*in entspricht werden die Stellvertreter*innen nach den bei ihnen auftretenden Gefühlen befragt.

Weil bei der systemischen Aufstellungsarbeit davon ausgegangen wird, dass Symptomatik in loyalem Bezug (zu Einzelnen aus dem Familiensystem) entwickelt werde und „verstrickte“ Bezüge (innerhalb des Erstbildes) räumlich darauf hinweisen, können diese System-Relationen, weil von außerhalb, innerlich distanziert erlebt werden (dissoziiert über den Stellvertreter des eigenen Fokus).

Emotionale Aufladung durch Raumbeziehungen

Aus ihrer Position heraus können die Stellvertreter Gefühle und Gedanken entwickeln, die denjenigen der repräsentierten Personen aus dem Familiensystem des Klienten entsprechen. Dieses Phänomen wird als repräsentierende Wahrnehmung bezeichnet.
Die Angehörigen der Klienten werden im so strukturierten Raum der Wahrnehmungen gleichsam zu psychisch Anwesenden. Dabei können Verstrickungen (dysfunktionale Systemdynamiken) erkannt werden: Beispielsweise Aufgaben, die dem Klienten (unbewusst) aufgebürdet worden sind („Delegation“) oder eine dysfunktionale Systemdynamik, die der Klient unbewusst (aus Loyalität und „Stolz“ zu Einem aus dem System) ursprünglich selbst (intrinsisch) entwickelte.

Lösungsansätze testen

Bei der Aufstellungsarbeit werden so unterschiedliche Verstrickungsmuster sichtbar, die nun durch verschiedene Positionsveränderungen und Aktionen der Stellvertreter*innen verändert werden.  So können mehrere Varianten von Lösungsmöglichkeiten entwickelt werden, die neue Perspektiven auf die vermutete Kern-Systemdynamik ermöglichen.

Der innere Ablauf klassischer Aufstellungsarbeit stellt sich – falls so vorgegangen wird – in drei Schritten dar:

  • Interview mit dem Klienten (zu seiner Symptomatik und zu Ungewöhnlichkeiten in seiner Familie)
  • Offenlegung (Testen jeweiliger Kern-Systemdynamik und zur Veranschaulichung von Loyalitätsbezügen)
  • Lösung (initiierende Intervention)

Neben dem Familienaufstellen in einer Gruppe gibt es auch die Möglichkeit, die räumlichen Korrelationen und relationalen Abhängigkeiten unter den Familienmitgliedern figürlich abzubilden. Dieser auch als Familienbrett  bezeichnete Methode fehlen allerdings die starken emotionalen Komponenten, die durch die Befragung der Stellvertreter*innen wahrnehmbar wird. Das Familienbrett eigenet sich wiederum sehr für Menschen, die sich in einem Raum voller anderer Menschen unwohl fühlen.

 

(Diese Unterseite wurde am 30. April 2018 letztmalig aktualisiert. 
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