Der Innere Schulbus

Viele Menschen nehmen sich als eine Einheit wahr und differenzieren wenig zwischen ihren verschiedenen vorhandenen Anteilen. Durch Zerlegung in kleinere Untereinheiten können wir verschiedene, oft auch konfligierende Bedürfnisse, die sich gegenseitig einschränken oder sogar ausschliessen, besser verstehen.
Beim Modell des Inneren Schulbus sitzen verschiedenen Kinder-Ichs und unbewussten Anteile gemeinsam in einem grossen Schulbus, der von unserem Erwachsenen-Ich möglichst souverän gelenkt wird.

Euphorie und Trauma – E und T Punkte

Im Laufe unseres Lebens erleben die meisten von uns sowohl emotionale, euphorisierende Höhepunkte (E-Punkte) ebenso wie niederschmetternde, traumatisierende Tiefpunkte (T-Punkte). Manche dieser Erlebnisse – vor allem, wenn sie vorpubertär auftauchen – können über lange Jahre sehr prägend sein.
Denn unser Gehirn speichert eine sehr komplexe Momentaufnahme dieser Ereignisses ab –  sie ist quasi eine Momentaufnahme unserer Persönlichkeit zum Zeitpunkt des Erlebens.
Ohne, dass wir zum Zeitpunkt des Erlebnisses die Ressourcen hatten, unsere emotionalen Ausnahmezustände für uns selbst zu analysieren, können diese nicht aufgearbeiteten Extremerlebnisse auch Jahre später noch grosse Wirkung entfalten. Zuweilen entsteht so eine oft unerklärliche Eigendynamik in Situationen, die unserem Erwachsenen-Ich  schwer erschliessbar sind.

Der Innere Schulbus

Der Innere Schulbus nutzt dabei Konzepte verschiedene anderer Methoden, wie die Arbeit mit dem inneren Kind oder auch die internen Berater oder das innere Parlament. Es macht klar, dass durch Aussenreize immer viele verschiedene Anteile in uns getriggert werden. Solange dies geschieht, ohne das E- oder T- Anteile beteiligt sind, ist das alles problemlos.
Wir stellen uns vor, dass unsere Persönlichkeit eigentlich aus vielen kleinen Einzelpersönlichkeiten besteht, die wir als Momentaufnahmen in einem grossen Schulbus sitzen haben. Unser Erwachsenen-Ich ist der/die Fahrer*in, und im allgemeinen bestimmen diese, wohin die Reise gehen soll.

Fahrt durchs Leben

Sollte aber eines der „Speziellen Kinder“ durch einen Aussenreiz getriggert werden, kann es sein dass es sich an den Fahrersitz vorkämpft und dort versucht das Steuer zu übernehmen. Je höher die emotionale Ladung ist, desto stärker wird dieses Kind darum kämpfen, unseren Schulbus zu lenken. Dabei ist es egal, ob es irgendwo hin will, weil es dort wahrscheinlich ganz fantastisch sein wird, oder ob es im Gegenteil einfach nur aus einer extrem unangenehmen Situation fliehen möchte.

Je hoher die emotionale Ladung dieser „Kinder“, desto mehr werden sie tun, um ihr jeweiliges Ziel zu erreichen. Unser Erwachsenen-Ich hat also die Aufgabe, die unterschiedlichen Wünsche dieser Kinder zu (er)-kennen und miteinander zu verhandeln.

Schwimmen und Eiscreme als Beispiel

Wir stellen uns einen Schulbus vor, bei dem die erwachsenen Katrin auf dem Fahrersitz den Bus lenkt. Im Bus hinten sitzen ganz viele jüngere Karins, die verschiedene Entwicklungsstufen und Altersstufen repräsentieren. Einige Kinder sind auch durch E- und T-Erlebnisse entstanden.

Die „3-jährige Katrin“ hat bei ihrem ersten Besuch einer Eisdiele ein absolutes Glückserlebnis gehabt haben. Mit ihren Eltern hat sie ein besonders leckeres Eis gegessen und seither versucht sie dieses Ereignis durch viele Eisdielenbesuche zu wiederholen, was ihr oft auch gelingt.
Eiscreme macht Katrin immer noch sehr glücklich – es ist die „Eis-Euphorie-Katrin.“

Im Alter von 5-Jahren wurde Katrin bei einem Urlaub am Meer für einen kurzen Moment, als sie sich besonders weit hinaus gewagt hatte, kurz von der Brandung verschluckt. Sie verlor den Boden unter den Füssen und trieb sogar ein wenig ab. Unfähig sich selbst zu helfen geriet sie zu recht in Panik: „Schwimm-Trauma-Katrin“ manifestierte sich.

Auch als erwachsenen Frau blieb Katrin immer eine schlechte Schwimmerin, sie geht fast nie Schwimmen, und meidet unbewusst Seen und schäumende Brandungen. Lieber verbringt sie ihren Urlaub lieber in den Bergen, fernab vom Meer.

Wenn die erwachsene Katrin den Schulbus nun zu einer ausgezeichneten Eisdiele fahren möchte,  die aber an einem grossen See liegt, werden sowohl die Eis- als auch die Wasser-Katrin getriggert. Beide werden sehr intensiv darum kämpfen, den Platz auf dem Fahrersitz zu erobern.
Und wenn die erwachsene Katrin sich diese Position nehmen lässt, wird unser Leben eben plötzlich von sehr kindlichen Entscheidungen bestimmt., die aber emotional sehr bedeutend für uns sind.

Therapeutische Arbeit

Das Modell des „Inneren Schulbus“ hat sich auch bei noch unbewussten, traumatischen Anteilen als sehr hilfreich erwiesen. Es kann Klient*innen auch bei der Bewältigung grösserer Lebenskrisen helfen. Das Wissen und die Fähigkeit, diese Anteile benennen zu können, ist auch für Menschen hilfreich, die sich bei Kolleg*innen in einer von den Krankenkassen bezahlten Therapie befinden.

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(Diese Website wird laufend überarbeitet und derzeit auch in mehrere Sprachen übersetzt. Diese Unterseite wurde letztmalig am 9. August 2018 aktualisiert.
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