Didaktik – die graduelle Steigerung

Nach dem didaktischen Prinzip der „graduellen Annäherung und Steigerung“ wird zunächst unter vereinfachten und vor allem gefahrenentschärften Bedingungen gearbeitet. So werden die Lernenden nicht gleich mit der oft zu komplexen, oft komplizierten und daher überfordernden letzten Lernstufe der Realität konfrontiert, sondern in kleinen beherrschbaren Schritten allmählich zu ihr hingeführt. Die ersten Stufen in diesem Prozess sind auch als sogenanntes „Schonraumlernen“ bekannt, und bilden in vielen systematisch aufgebauten Bildungsprozessen die Basis – auch wenn sie nicht immer so bezeichnet werden.

Unterrichten im Schonraum


Unterrichten im Schonraum – auch als PLS vom englischen „Protected Learning Spaces“ bekannt – bedeutet für die Lehrenden, die Lernziele und Ansprüche zunächst methodisch und organisatorisch so herabzusetzen, dass sie für die Lernenden erfolgreich zu bewältigen sind.

Daher wird Schonraumlernen meist als vorübergehender Lernmodus im Prinzip der „graduellen Annäherung und Steigerung“ verstanden, um das didaktische Endziel sicher zu erreichen. Dabei muss der erworbene Wissens- und Könnenszuwachs vom Schonraumlernen Schritt für Schritt in das Realraumlernen übergehen, um nicht wirklichkeitsfremd zu werden.

Zielsetzungen und Dimensionen des Schonraumlernens

Beim Schonraumlernen kann man drei Dimensionen unterscheiden: eine didaktische, eine sicherungstechnische und eine ökonomische, die oft auch miteinander verbunden sind.

Didaktische Zielsetzung

Die didaktische Zielsetzung will

  • vor Überforderung schützen
  • das Lernen durch vereinfachte, an das aktuelle Leistungsvermögen angepasste Aufgabenstellungen erleichtern
  • leichteren Zugang zu Lernerfolgen schaffen
  • die Motivation und die Selbstwirksamkeitserwartung stärken

Sicherungstechnische Zielsetzung

Die sicherungstechnische Zielsetzung will zunächst rein physisch vor Gefahren für die leibliche Gesundheit und das Leben schützen. Dieses Prinzip betrifft alle vulnerablen Gruppen: dazu gehören vor allem Kinder und Jugendliche, aber auch Alte, Kranke und marginalisierte Gruppen wie Geflüchtete, Obdachlose.

Kinder und Jugendliche

Die sichtbarsten und daher auch bekanntesten Schutzbereiche werden für Kinder und Jugendliche ermöglicht. Die Bedrohungen des realen Lebens werden durch kindgemäße Einrichtungen im öffentlichen Leben wie Kindergärten, Schulen, Spielplätze etc. abgemildert.

Diese teilweise durch Zäune, Hecken oder Mauern von der gefährdenden Erwachsenenwelt abgeschirmten Bereiche sollen eine Art Oasen für ungestörtes eigenständiges Spielen und Handeln der Kinder und Jugendlichen bieten.

Psychische und Physische Vulnerabilität

Dem Aspekt der Absicherung kommt aber auch im medizinischen Bereich eine grosse Bedeutung zu. Sämtliche Rehabilitationsmassnahmen fallen in diesen Bereich, und es ist ein Kennzeichen von solidarischen Gesellschaften, wenn ausreichend personelle und finanzielle Mittel hierfür bereitgestellt werden.

Ökonomische Zielsetzung

Schonraumlernen schont hier materielle Ressourcen. Das oft teure und ohne Vorstufen gefährliche Lernen in der Realwelt wird durch wirklichkeitsnahe VR- und AR-Simulationen deutlich kostengünstiger und dennoch lernwirksam gestaltet.

Ausbildung von Pilot*innen

Eine Pilotenausbildung ist immer sehr teuer und wurde daher schon sehr früh durch Flugsimulatoren ergänzt. Im Realraum würde das Ausprobieren von Verhalten in Notsituationen, das Nachtfliegen nach Instrumentenflugregeln, schwierige Landeanflüge bei schlechten Wetterverhältnissen sowohl Menschenleben als auch Material gefährden.

Medizin

Auch Ärzt*innen trainieren Operationen zunächst „am Phantom“, um die korrekte Handhabung komplizierter Apparaturen und ganzer Operationsmethoden bevor sie dieses am lebenden Menschen einbringen.

Planspiele

In komplexen Ausbildungen und Studiengängen wurde schon früh mit Planspielen gearbeitet. Dazu zählen militärische Planspiele, Unternehmensplanspiele und UseCases in der Managerausbildung sowie Führungsplanspiele im Bereich Leadership.

Vom Schonraum zum Realraum

Die Funktion des Schonraumlernens als vorübergehende Lernstufe und präventive Schutzmaßnahme ist didaktisch unbestritten. Als Methode des Empowerments werden mit dem Fokus auf die Ressourcen der Lernenden im Schonraum Fähigkeiten trainiert, die später im Realraum souverän und selbstverständlich eingesetzt werden sollten. Dazu gehören neben den rein fachlichen Kompetenzen auch die sogenannten 21st Century Skills und das Erleben von Selbstwirksamkeit.

Aber Schonraumlernen kann sich zuweilen auch verselbstständigen und so einen nicht sinnvollen Dauerzustand emotionaler Abpufferung erzeugen. Wenn nur noch gefördert aber nicht mehr gefordert wird kann das zu Unselbständigkeit, Hospitalismus und im schlimmsten Fall zur erlernten Hilflosigkeit führen.

Die Zielaufgabe, eine sinngetragene, selbstverantwortete und an Werten orientierte Lebensführung zu ermöglichen oder auch eine angestrebte Berufsqualifikation zu erreichen, sollte immer im Vordergrund stehen.

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